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Aktuell

Keine Änderung der Verkehrsregeln zu Lasten der Fussgänger

Die vom Bundesrat geplante Revision der Verkehrsregeln bedeutet in zwei Punkten eine eklatante Verschlechterung für die Situation der Fussgängerinnen und Fussgänger. Fussverkehr Schweiz lehnt die Einführung von «Velofahren auf dem Trottoir für Kinder bis 12 Jahre» und das «Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende» dezidiert ab.

Velofahren auf dem Trottoir für Kinder und Jugendliche bis 12 Jahre

Mit der geplanten Regelung wird die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden von Seniorinnen und Senioren, Eltern mit Kleinkindern, Menschen mit Seheinschränkungen, aber auch von allen Fussgängern, die unbeschwert auf dem Trottoir gehen wollen, erheblich verschlechtert.

Seit 1998 gibt es die Möglichkeit, Trottoirs für den Radverkehr, namentlich zur Schulwegsicherung, unter spezifischen Bedingungen freizugeben. Diese Regelung ist ausreichend. Es besteht kein Grund, das Trottoir generell für den Radverkehr für Kinder und Jugendliche bis 12 Jahren zu öffnen. Fussverkehr Schweiz schlägt vor, dass Kinder bis maximal 8 Jahren auf dem Trottoir fahren dürfen.

Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende

Bereits heute besteht die Möglichkeit, das Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende zu ermöglichen. Es braucht dazu eine separate Ampel für die Velos. Dies wird bereits an verschiedenen Orten so praktiziert. Die Möglichkeit mit einem Blechpfeil das Rotlicht für Velofahrende ausser Kraft zu setzen widerspricht der Logik des Rotlichtes und untergräbt die Gültigkeit der Verkehrsregeln. Das separate Rotlicht für Velofahrende ist nur dort anzubringen, wo keine Konflikte mit den Fussgängern zu erwarten sind.

 Vernehmlassungsunterlagen siehe https://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html#UVEK

Musterstellungnahme von Fussverkehr Schweiz  

Zusatzinformationen und Argumente

1.            Velofahren auf dem Trottoir für Kinder und Jugendliche bis 12 Jahre

Mit der geplanten Regelung wird die Sicherheit und das Sicherheitsempfinden von Seniorinnen und Senioren, Eltern mit Kleinkindern, Menschen mit Seheinschränkungen, aber auch von allen Fussgängern, die unbeschwert auf dem Trottoir gehen wollen, erheblich verschlechtert.

Seit 1998 gibt es die Möglichkeit, Trottoirs für den Radverkehr, namentlich zur Schulwegsicherung, unter spezifischen Bedingungen freizugeben. Diese Regelung ist ausreichend. Es besteht kein Grund, das Trottoir generell für den Radverkehr für Kinder und Jugendliche bis 12 Jahren zu öffnen. Fussverkehr Schweiz schlägt vor, dass Kinder bis maximal 8 Jahren auf dem Trottoir fahren dürfen.

Ausgangslage

Die heutige Regelung, wonach Kinder im Vorschulalter auf dem Trottoir Velofahren dürfen, muss ersetzt werden, da das Schulalter neu definiert und damit die Berechtigung der Trottoirbenutzung gesenkt wurde. Bisher wurde das Vorschulalter mit < 6 Jahren interpretiert. Wir stimmen einer moderaten Erhöhung dieses Alters auf < 8 Jahre zu. Eine Erhöhung auf 12 Jahre ist aber aus verschiedenen Gründen unhaltbar:

Das Trottoir gehört den Fussgängern

Gemäss Art. 43 SVG ist das Trottoir den FussgängerInnen vorbehalten. Der Radverkehr gehört auf die Fahrbahn oder auf die Radverkehrsinfrastruktur. Von diesem Grundsatz darf nur ausnahmsweise abgewichen werden. Neue Regelungen dürfen nicht zu Lasten der Sicherheit der Fussgänger getroffen werden.

Scheinsicherheit

Jedes fahrende Velo auf dem Trottoir ist eine potenzielle Gefahr für die FussgängerInnen – und somit auch für andere Kinder. Trottoirs im Innerortsbereich sind für velofahrende Kinder wegen der zahlreichen Hauszugänge, Zu- und Ausfahrten zu Parkplätzen vor oder hinter dem Haus keineswegs ungefährlich. Besondere Gefahren entstehen, wenn entgegen der Fahrtrichtung auf dem Trottoir gefahren wird.

Trottoirs mit einer Breite von weniger als 2.5m Breite sind für das Radfahren ohnehin ungeeignet. Die Breite reicht nicht für einen konfliktfreien Begegnungsfall zwischen Fussgängern und Velofahrern. In der Schweiz weist ein grosser Teil der Trottoirs eine Breite von 2m auf (oder noch schmaler). Damit sind schwere Konflikte und Unfälle vorprogrammiert.

Altersgrenze deutlich zu hoch

Bis zum Alter von 8 Jahren sind Kinder normalerweise noch nicht so schnell unterwegs, sodass sie für die übrigen Verkehrsteilnehmenden weniger überraschend auftauchen und Kollisionen mit Fussgängern in der Regel weniger gravierende Unfallfolgen haben.

Die Körpergrösse von 12-jähriger Jugendlicher beträgt 145 cm bis 160 cm und ist damit nur noch unwesentlich geringer als diejenige von Erwachsenen.

Untersuchungen zeigen, dass Kinder bis 12 Jahren auf dem Fahrrad mit durchschnittlich 18.7 km/h die zweitschnellste Altersgruppe der Radfahrer sind.


Abb. Durchschnittsfahrgeschwindigkeiten von Radfahrenden nach Altersgruppen[1]

Gruppenverhalten

Wenn ältere Kinder auf dem Trottoir Radfahren gefährden diese auch jüngere Kinder. Insbesondere wenn die Kinder nach Schulschluss in Gruppen losfahren, wird es für die Kindergartenkinder und die Erstklässler auf dem Trottoir bedrohlich.

Es besteht auch die Gefahr, dass ältere Menschen zu gewissen Zeiten gar nicht mehr aus dem Haus gehen, weil sie die Begegnung mit velofahrenden Schülergruppen auf dem Trottoir vermeiden wollen.

Die Lösung von Sicherheitsproblemen wird vertagt

Es besteht die Gefahr, dass Sicherheitsprobleme für Velofahrende auf der Fahrbahn in der Dringlichkeit herabgestuft werden, da ja für Kinder und Jugendliche eine Alternative auf dem Trottoir geschaffen wird. Damit wir die Schaffung sicherer Veloinfrastruktur untergraben.

Aushöhlung der Verkehrsregeln

Die Zulassung von velofahrende Kindern und Jugendlichen auf dem Trottoir hebelt das Fahrverbot auf dem Trottoir aus und führt dazu, dass immer mehr auch ältere Velofahrende das Trottoir als Fahrbahn benutzen. Dies tun sie zunehmend ohne Unrechtsbewusstsein, da ihnen gar nicht mehr klar ist, dass auf dem Trottoir eigentlich ein Fahrverbot gilt.

Verkehrsbildung der Kinder verschlechtert sich

Das sichere Verhalten im Verkehr kann nur auf der Fahrbahn eingeübt werden. Fahren Kinder und Jugendlichen auf dem Trottoir fehlt ihnen diese Praxis.

2.           Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende

Bereits heute besteht die Möglichkeit, das Rechtsabbiegen bei Rot für Velofahrende zu ermöglichen. Es braucht dazu eine separate Ampel für die Velos. Dies wird bereits an verschiedenen Orten so praktiziert (siehe Bild).


Für die Radfahrer besteht ein separates Lichtsignal, welches das Rechtsabbiegen bei Rot erlaubt. (Bsp. Baden)

Keine neuen unverständlichen Regelungen

Die Möglichkeit mit einem Blechpfeil das Rotlicht für Velofahrende ausser Kraft zu setzen widerspricht der Logik des Rotlichtes und untergräbt die Gültigkeit der Verkehrsregeln.

Reduktion der Sicherheit für Fussgänger

Fussgänger rechnen nicht mit Velos, die bei Rot durchfahren (dürfen). Es wird eine weitere Kategorie von «Konfliktgrün» geschaffen.

Nicht praxistauglich

Es ist wahrscheinlich, dass die Velofahrenden das Rechtsabbiegen generell als erlaubt interpretieren, unabhängig davon, ob es einen Blechpfeil gibt oder nicht. Damit werden neue Sicherheitsprobleme geschaffen – sowohl für die Velofahrenden selbst, aber auch für die Fussgänger.

Forderungen für weitere Ausnahmen werden geweckt – Ein Dammbruch ist zu befürchten

Kleinmotorräder und Motorräder werden die Regelung auch für sich in Anspruch nehmen wollen. Es steht zu befürchten, dass sich eine entsprechende Praxis einstellt.

Mit Sicherheit werden entsprechende Vorstösse eingereicht, die eine weitere Aufweichung der Regelungen für Motorfahrzeuge fordern.

Studien belegen, dass Rechtsabbiegen bei Rot von Motorfahrzeugen zu mehr Konflikten und Kollisionen führen.

[1]  Quelle: Schopf, J. M., 1985. Bewegungsabläufe, Dimensionierung und Qualitätsstandards für Fußgänger, Radfahrer und Kraftfahrzeugverkehr. Dissertation. TU Wien.

 

02.12.2018

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